DEUTSCHLAND

Ensemble Echo-von-Nichts, was für ein schöner Name. Und die CD heißt „Obhut“, klingt anheimelnd – und es geht um Wiegenlieder, was im ersten Moment passend wirkt. Es sind aber nicht nur Lieder dabei, die dem Kind Geborgenheit geben (sollen), sondern auch sehr besorgte, traurige, Lieder, die die Unmöglichkeit beklagen, einem Kind Geborgenheit zu versprechen. Keine witzigen Lieder, keine satirischen Umdichtungen, also ein Ausschnitt aus dem reichen Schatz an Wiegenliedern vieler Völker. Getragen wird das Ganze von der Sopranstimme von Ingala Fortagne, die Quarzklangschalen geben vielen Liedern etwas Esoterisches. Irritierend ist das Beiheft, das bei vielen Liedern nicht mitteilt, woher sie stammen und wer sie geschrieben hat (z.B. dem norwegischen „Eg er framand“, in FM-Kreisen bekannt durch die Version von Arve Bergset Moen). Aber schön zu hören, ideal für Leute, die gerade keine Lust auf Folk haben und es gern klassisch hätten. Ensemble Echo-von-nichts, obhut, www.incipit-novum.com (GH)

Keine Adresse angegeben

Die vier Herren FloBêr – sind sie aus dem Saarland (Postadresse) oder aus Berlin (Pressemitteilung)?

Familie_Gerstenberg.jpg. ***** 5 FM-Sterne

Ganz wunderbar ist die Familie Gerstenberg, ein Knabentrio, das hier ihre „Best of“ vorlegt,

und zwar schon Folge 3. Wer sie bisher noch nicht registriert hat, sollte sofort die Gelegenheit beim Schopfe ergreifen und sich mit den dreien bekannt machen.

Sie spielen eine Menge Instrumente: Waldzither, Mandoline, Hümmelchen, Ukulele, um nur ein paar zu nennen. Manchmal singen sie auch, aber das Schwergewicht liegt einwandfrei auf den Instrumentalstücken, von denen die meisten in traditionellen Stilen selbst komponiert sind.

Und im schön gestalteten und absolut lesbar gedruckten Beiheft sind alle Noten abgebildet! Es geht los mit einem Schottisch mit dem schönen Titel „Zehn Prozent auf Frühling“, dann weiter mit einem Jig, „Winterwirbel“, der deutliche Einflüsse von Planxty zeigt, es gibt noch mehr Schottisch und Walzer und Bourrée.

Und dazu immer wieder interessante Titel, wie „Brunnenkresse“ (selbiges ist ein Hanter-Dro im bretonischen Stil, aber das ist ja klar bei einem Hanter-Dro – wer kein Bretonisch kann, das bedeutet „halbe Drehung“).

Kurzum, Musik vom Feinsten, eines der schönsten Alben bisher in diesem Jahre.

Familie Gerstenberg: Best of Vol, 3, https://thomasstrauch.com/ (GH)

Florian Schneider ist ein Schweizer Liedermacher, der aber zum Glück fürs norddeutsch geprägte Ohr ein südlich geprägtes Schriftdeutsch singt.

Und wie er singt! Kräftige, klangvolle Stimme (erinnert sich hier noch jemand an Karl Wolfram? Das ist die erste Assoziation beim Hören).

Seine Lieder und sein Vortrag wirken total aus der Zeit gefallen, eine Erinnerung an damals, als Leute wie er Bänkelsänger genannt wurden.

Aber es ist nichts Altmodisches an seinen „Liebesliedern, Balladen, Reiseliedern, Moritaten“ – so der Untertitel der CD. Er schreibt selbst, übersetzt aber auch gern die Sachen berühmter Kollegen, hier z.B. Tom Waits und Robert Burns. Oder „trad“, die dramatische Geschichte von The Lily of the West“ heißt hier „Lili von Waldweid“ (der Man of high degree wird hier zum „fremden Mann“, was der Sache gesellschaftlich gesehen noch einen anderen Anstrich gibt).

Er singt inbrünstig einen Choral, dann wiederum bringt er eine blutrünstige Moritat, die nicht einmal Helmut Qualtinger gruseliger hingekriegt hätte. Kurzum, grandios, und schnell noch ein großes Lob für den Geiger Adam Taubitz.

Florian Schneider: Schangsongs, www.florian-schneider.ch (GH)

Wanderer, kommst du an die Ostsee und hast die Urlaubsorte abgegrast, dann bleibst Du hängen in Kühlungsborn-Ost, der Perle der Ostseebäder mit Strand, 2 Promenaden, Wäldern und der Strandstraße voller Angebote. Willst Du was Leckeres essen, so gibt es viele Angebote, die Krone ist allerdings das indische Mantra, etwas außerhalb und da die feurigheißen Pfannengerichte mild und scharf. 

Friesische CDs

Jens Emil Mungard (1885 – 1940) ist zweifellos der nordfriesische Dichter des 20. Jahrhunderts, und dennoch außerhalb seiner Heimatregion ein großer Unbekannter. Er schrieb auf Sölring, der Sprachvariante der Insel Sylt, was die Sache für ihn nicht einfacher machte. Überall im friesischen Sprachgebiet ist immer diese Einschätzung des Sölring zu hören: „Wir können alle friesischen Dialekte verstehen, nur Sölring nicht.“

Mungards Leben war nicht gerade glücklich, Katastrophen im Privatleben verfolgten ihn, und weil er sich mit der Naziherrschaft nicht abfinden mochte, wurde er zuerst in Schutzhaft genommen, dann im KZ Sachsenhausen interniert, 1940 starb er an den Folgen der dort erfahrenen Misshandlungen. Kein Wunder, dass seine Texte – zumal einer die „Schutzhaft“ (dafür gibt es kein Wort auf Sölring) beschreibt.

Die Melodien zu den Liedern stammen von Christoph Hansen, Mitglied des Trios Martje Johanssen, Kalle Johanssen und Christoph Hansen.

Die beiden Johanssens singen, Hansen steuert die Instrumentalbegleitung bei. Obwohl die Stimmung eher dunkel ist, (auch Titel wie „Di leest Rais“ – „Die letzte Reise“ und „Farewel sii“ – „Lebewohl sagen“ deuten das an), ist die CD nicht deprimierend, sie regt dazu an, sich wieder mehr mit dem Friesischen und dem Dichter Mungard zu beschäftigen, und einfach zum häufigen Wiederhören. Das reichhaltige Beiheft enthält alle Originaltexte mit singbaren hochdeutschen Übersetzungen und Informationen zu Mungards Leben und Werk

Christoph Hansen, Martje Johanssen, Kalle Johanssen: Mungard, Salzvogel Records, www.christophhansen,bandcamp.com (GH)

Fiddle_Folk_Family_-_Freaky_Folks.JPG.    CD 1 + Cover 5

Fiddle Folk Family -Freaky Folks

Eine (ost-)deutsche Antwort auf die Kelly-Family? Natürlich nicht. Schon das Cover und das Booklet suggerieren, dass diese Familie alles nicht ganz so ernst nimmt.

Die CD fängt mit einem Begrüßungslied an, dessen Text, eine Mischung aus englisch und deutsch im Booklet abgedruckt ist und eine Eigenkomposition ist, endet nach 15 Liedern, meist Medleys aus mehreren Traditionals mit dem Abschiedslied (auch Eigenkomposition mit abgedrucktem Text im Booklet) und Coronel Rodney’s von M. A. Macintosh nach knapp 42 Minuten Spielzeit nicht, denn es gibt noch eine Extended Version von "What shall we do with the drunken sailor" als hidden Dreck.

Alles locker flockig gespielt, im 10 Song, Wayfaring Stranger gibt es ein Gitarrensolo, das auch von Django Reinhard sein könnte, einige Stücke sind auch mit stilfremden Zitaten garniert.

Ansonsten weitgehend traditionelle Folkmusik von Feinsten.

Der teils mehrstimmige Gesang an dem alle beteiligt sind, pickt.

Das ist eine wirkliche Gute-Laune-CD.

Website: https://fiddle-folk.de

Tolles Familienprojekt, wie es scheint.

HD 20222

v-zero

Wenn zero das so lobt, dann will das was heißen!

Die Musik ist toll.

Das Cover eine neue Art von freakig, igendwie Isolation, Gefängnis. Das passt nicht zum Folk, Freak ist da sinnvoller mit Weite, Einsamkeit, Armut, Trotzdem oder Traum. h

FRIESISCHE CD

In Ostfriesland ist die friesische Sprache vor Jahrhunderten ausgestorben, weshalb sich dort eine eigene Plattdeutsch-Variante entwickeln konnte, ostfriesisches Platt eben. Gerade so eigen, dass es sich für uns, die wir mit anderen Plattarten aufgewachsen sind, exotisch anhört, und doch verständlich, wunderschön also.

Sabine Hermann lebt in Hude, kommt vom Indie-Pop und verwendet gern Synthesizer, oder Balafon, Balalaika und Spinett, eine reiche Auswahl überhaupt an Instrumenten, die nicht unbedingt mit ostfriesischen Liedern in Verbindung gebracht werden.

Das Ergebnis dieser Mischung ist umwerfend. Sabine Hermann hat die meisten Lieder auf der CD selbst geschrieben, eine der Ausnahmen stammt von dem schon etwas länger verstorbenen Südtiroler Kollegen Walther von der Vogelweide und ist hier im mittelhochdeutschen Originaltext zu hören, mit einer Melodie, die sicher auch dem alten Minnesänger gefallen hätte.

Eine andere ist traditionell und bestimmt allgemein bekannt: „Dat du mien Leevsten büst“, hier als fetzige Discomelodie. Sabine Hermann: Sangen, kosmopolit, www.sabinehermann.com (GH)

Deutsche CD:

Fior, der Name gibt Rätsel auf. Ist das Italienisch (für Blume, aber dann fehlt ein e) oder Irisch (für wahr, aber dann fehlt der Akzent auf dem i), oder eine Variante der Zahl 4, weil sie zu viert musizieren?

Die CD gibt keine Antwort auf diese Fragen, das macht aber dann nichts, weil wir uns in der Musik verlieren. Die ist in der Tat blumenhaft schön und wahr. Fior beziehen ihr Material aus dem deutschen Liederschatz, z.B. aus Sammlungen wie der von Zuccalmaglio, sie greifen aber auch auf große Dichter zurück (gleich zweimal Fontane, einmal Wilhelm Busch), sie schreiben auch mal selbst, vor allem Instrumentalstücke sind da ihre Stärke, wie die Polonaise „Nordluft“. Die man auch als Menuett tanzen könnte, die Fior stehen nämlich auf Menuette.

In dem Lied „Verstohlen geht der Mond auf“ kommt ein blaues Blümelein vor, und das ist das Stichwort: Romantik. Die Musik wirkt wie aus der Romantik entsprungen,

Rick Krüger (der auch mit schwedischer Säckpipa und Nyckelharpa brilliert) singt wie ein Student von damals, wie aus einem Grimmschen Märchen entlaufen. Und was haben die vier für grandiose Ideen – „Herr von Ribeck auf Ribeck“ mit fetziger Melodie zum Fingerschnippen, darauf muss man erst mal kommen.

Also: Geniale CD, einfach hören und genießen!


Fior: Manuskript, www.fiorfolk.de (GH)

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Deutsche CD

Der sagenumwobene (Gott? König?) stand Pate für den Namen dieser Gruppe, die endlich wieder einen neuen Tonträger in die Welt hinausschickt.

Es geht los mit einem spöttischen Gedicht von Heinrich Heine, und dann folgt eine Mischung aus Gesangsstücken und Instrumentals, aus altbekanntem (Joni Mitchells „Both sides now“) und neuen Sachen (ein Walzer von Kathryn Tickell). Zwei besondere Highlights: Das Antikriegslied „The King’s Shilling“ und das Abschiedslied „Ade mein Lieb“. Letzteres hat es Bandmitglied Ulrich Joosten offenbar ganz besonders angetan, alte Fans werden sich erinnern, dass er es in seiner Jugend auch mit der seiner damalige Gruppe Filou aufgenommen hat. Und Wiederhören mach ja bekanntlich Freude, das hier ist ein Album, das man bestimmt immer wieder hören will. Neben dem erstklassigen Gesang von Christine Hellweg sollen wir die vielen Instrumente nennen, jede Menge Flöten, Drehleier, Laute, Harfe. Bleibt die Frage, das interessante Bild auf dem Cover: Scherenschnitt oder war hier eine geniale Fotografin am Werk? Gambrinus: … und sprachen von Liebe viel, Selbstverlag,

www.gambrinus-folk.de (GH)

   
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