SKAN & BALTISCH

Ailu für seine Freunde, kann ohne Übertreibung als der bedeutendste samische Künstler des 20. Jahrhunderts bezeichnet werden, als Sänger, Komponist, Maler und Autor brachte er samische Kultur in die Welt und Einflüsse aus aller Welt in die samische Kultur ein. In diesem Jahr wäre er 70 geworden, und aus diesem Anlaß gibt es eine CD mit der Musik zu dem von ihm geschriebenen Theaterstück „Ritjnoaivi ja nieguid oaidni" („Der Frosthaarige und der Traumseher"). Ailus Bild ist auf dem Cover, umgeben von japanischen Schriftzeichen, er hat sich für dieses auf samischen Mythen beruhende Stück nämlich vom japanischen Noh-Theater inspirieren lassen. Japanische Einflüsse in der Instrumentierung klingen durch, aber nicht nur, aus der Vielzahl der musikalischen Zitate wollen wir hier nur das Kingston Trio erwähnen („Reuben James" ist deutlich zu hören). Von Ailu verfasstes Joiken ist ebenso vertreten wie zarte Flöten- und Trommelarrangements. Von den Mitwirkenden dieser großartigen CD sind vor allem zu erwähnen die Sängerin Inga-Maret Gaup Juuso und der Keyboarder Esa Kotilainen, Mitstreiter auf zahlreichen Valkeapää-CDs früherer Jahre. Ritjnoaivi ja nieguid oaidni, DATCD-61, www.dat.net (GH)
Die samische Sängerin aus Karasjohka Elin Kåven lässt ihre neue CD mit einem Tango beginnen, schließlich sind die Sami international und wohnen auch im Tangoland Finnland. Es geht bunt gemischt weiter, eine Prise Joik, eine Prise Country, viel (bisweilen überdosiert) Glockenspiel und schöner Gesang, hell, klar und irgendwie verlockend. Was kein Wunder ist, denn die CD ist gewidmet der Ulda, einem Wesen aus der samischen Mythologie. Die Ulden leben unterirdisch in Höhlen voller Gold, wirken auf den ersten Blick überirdisch schön,
haben aber finstere Geheimnisse. Mit ihrem wundervollen Gesang locken sie nichtsahnende Wanderer in ihre Höhlen, und nur selten haben die Wanderer Lust, die Höhlen und die Ulden dann wieder zu verlassen. Im Namen und im Wesen ähneln sie also den Hulden aus der germanischen Mythologie zum Verwechseln, und somit ist diese CD der ideale samische Beitrag zum Wagnerjahr 2013.

Elin Kåven: Máizanthaw, DATCD-63, www.dat.net (GH){slider Inga Ravna Eira (CD)}Vor langer Zeit kam die Tochter der Sonne zu den Menschen und zeigte ihnen, wie man Rentiere zähmt. Als die Menschen das gelernt hatten, gingen die Männer ganz selbstverständlich davon aus, daß die Herden nun ihnen gehörten und nur vom Vater auf den Sohn vererbt werden könnten. Die samische Sängerin Inga Ravna Eira erzählt diese Geschichte in vielen Liedern voller Joik und mit interessanter Instrumentalbegleitung. Wir hören die Geschichte einer jungen Frau, die den Umgang mit den Rentieren lernt, sie kann sie einfangen, schlachten, ausweiden, das Fell gerben, das Fleisch dörren, doch als sie eigene Rentiere haben möchte, heißt es: Nein, eine Frau kann das nicht. Such dir einen Rentierbesitzer und verlieb dich bloß nicht in einen, der keine Herde hat.Sie aber besteht darauf, eigene Tiere zu haben, denn einen vernünftigen Grund, warum Frauen nicht dieselben Rechte haben sollten wie Männer, hat noch niemand ersonnen. Auch ohne Samischkenntnisse sind der Kampf dieser Frau, ihre Wut und Verletzung und am Ende ihr Triumph gut zu verstehen, dafür sorgt die Gesangskunst der Sängerin. Für die Instrumentalbegleitung (einzelne Instrumente sind nicht genannt) ist Patrick Shaw Iversen verantwortlich.

Inga Ravna Eira: Gilši. DATCD-62, www.dat.net (GH){slider Die neue CD des Duos Skáidi}... fängt an wie eine konventionelle Joik-CD, im Covertext erzählt Inga Juuso, wie ertragreich die Zusammenarbeit mit dem Bassisten und Schlagzeuger Steinar Raknes für sie ist. Den Titel der einzelnen Stücke können wir entnehmen, daß manche der Aufnahmen Personenjoiks sind, eins ist Jáhkoš Aslat gewidmet, einem der nach dem Aufstand von 1852 hingerichteten samischen Aufrührer. Infos zu den anderen bejoikten Personen fehlen leider. Durch den oft bluesigen Baß von Steinar Raknes wird die CD immer unkonventioneller, Joik, klar, aber weitergeführt, mit klaren Einflüssen aus Blues, Jazz und Country, und daß die CD nicht mit Joik endet, sondern mit einem Lied von Emmylou Harris, „Deeper Well", gesungen auf Englisch von Steinar Raknes, wirkt da doch nur logisch. Doch so klangvoll diese CD ist, bitte, DAT, übernehmt nicht die norwegische Unsitte, CDs ohne Infos in die Welt zu schicken!

Skáidi: Skáidegeahči, DAT-CD 58, www.dat.net (GH) {slider Norwegische Märchen (Buch)}

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts gaben Asbjörnsen und Moe ihre norwegischen Märchen heraus, angeregt wurden sie durch die damals international berühmte Sammlung der Gebrüder Grimm, sie übernahmen sogar den Stil, den Wilhelm Grimm den Kinder & Hausmärchen verpaßt hatte. Wenn der Herausgeber einer soeben erschienenen Auswahl die beiden also als „Brüder Grimm Norwegens" bezeichnet, dann hat er mehr Recht, als er wohl selbst ahnt. 30 Märchen sind für diese Ausgabe ausgesucht worden, zum ersten Mal seit Jahrzehnten wurden sie neu übersetzt, und zwar von der in Koblenz lebenden norwegischen Übersetzerin Åse Birkenheier. Ihr ist es gelungen, den althergebrachten Märchenstil beizubehalten und die Märchen doch in eine heutige Sprache zu übertragen, ohne dabei krampfhaft modern zu wirken. Wie sie selbst sagt, waren ihre Enkel dabei ihre wichtigsten Berater. Es ist schade, daß sie nicht auch das Vorwort geschrieben hat. Das hat der Herausgeber, Christoph Klöft übernommen, aber er erzählt vor allem, wie wunderbar er die Märchen findet, über ihre Geschichte, die Grimmconnection und vor allem die Auswahlkriterien erfahren wir so gut wie nichts. Aber egal, es geht ja um die Märchen, und die lohnen das Lesen allemal. Fast alle kennen wir auch in deutschen Varianten, aber alle sind eben mit norwegischen Requisiten angereichert worden, das tapfere Schneiderlein z.B. ist hier gar keins, sondern heißt Aschenbengel, und begegnet keinem Riesen, sondern einem Troll. Manchmal sind die Rollen vertauscht, wo im deutschen Märchen eine Frau auftritt, ist es im norwegischen ein Mann, und umgekehrt, und der dicke fette Pfannekuchen sagt in Norwegen nicht „kantapper kantapper". Ein Buch voller Überraschungen also, dazu mit den grandiosen alten Illustrationen von u. a. Theodor Kittelsen.

Mit Espen Aschenbengel im Land der Trolle, Hamouda Verlag, 148 S., 13,90 (GH)


06.10.2020 Helene Blum & Harald Haugaard Band präsentieren ihr erstes gemeinsames Album Strømmen an 6 Terminen im Oktober in Deutschland
Seit 2008 ist die Helene Blum & Harald Haugaard Band gemeinsam auf Tour, um die jeweiligen Solo-Alben der beiden dänischen Folksuperstars zu präsentieren. Im Oktober ist die Band nun mit dem ersten gemeinsamen Album „Strømmen“ in Deutschland auf Tour und gastiert in 6 deutschen Städten. Den Anfang macht dabei das Konzert in der Dänischen Botschaft am Donnerstag den 8.10. Die weiteren Konzerte sind wie folgt: 9.10. Eisleben – 22.10. Nürnberg – 23.10. Ravensburg – 24.10. Helmbrechts – 25.10. Lüdenscheid. mehr
01.10.2020 Helene Blum und Harald Haugaard in den Worldmusic Charts
Mit ihrem ersten gemeinsamen Album haben sich Sängerin Helene Blum und Geiger Harald Haugaard in den Transglobal Worldmusic Charts und den World Music Charts Europe für den Monat Oktober platziert. „Strømmen“ nimmt sich der dänischen Musiktradition an und haucht dem kulturellen Erben ihrer Heimat neues Leben ein.
09.09.2020 Preis der deutschen Schallplattenkritik
Das aktuelle Album „I Want My Money Back“ von Dr. Will hat es auf die vierteljährliche Bestenliste des PdSK geschafft. Bereits zum zweiten Mal wurde der Musiker in der Kategorie Blues ausgezeichnet. Für die Jury in Person von Karl Leitner „zeigt sich der Mann mit dem einzigartigen Sound, der zwar in München lebt, dessen Herz aber für New Orleans schlägt, erneut auf einem Gipfelpunkt seiner Kreativität und Schaffenskraft.“

Skyklokke - Henriette Flach - Musik - GO DANISH - 5705934004821 - 2. Dezember 2022

Henriette Flach - Skyklokke. - Kompositionen Go 1622 CXD + Digital

Henriette spielt Geige, Nyckkelharpa und Hardingerfiedel, Villads Hoffmann spielt die Mandola, Petrus Dillern die Nyckelharpa und Anna Österby Akkordeon.

Die Kompositionen bringen eine ähnliche Stimmung wie Tailcoat, Penny Pascal und Mynsterland.

Teils mit Tempo, teils vollklingend urig, nordisch neblig bringen die Stücke einen Zauber Skandinaviens so richtig zum Fest.

Eine CD für alle die es geheimnisvoll romantisch und erhellend mögen. 

Und indirekt ist sind die Kompositionen auch Interpretationen des Heute mit seinen verworrenen Krisen.

Henriette findet noch jung schon den Zugang zu den tiefen, alten Tönen und Klangfolgen der magischen Tönen und Wurzeln Skandinaviens. 

Eine zaubervolle Kultur-CD

Und Henriette Flach ist ein Name, den es sich zu merken lohnt. 

hedo

Unbenannt.jpg

Doppel-CD: Sågkära – De första åren

Alles begann an einem kalten, verschneiten Wintertag im Dezember 1981. Die Musiker gaben im Småländischen Museum in Växjö ihr erstes Konzert. Auf dem Programm standen Weihnachtslieder. Zur ihrer Überraschung kamen unerwartet viele Leute. Und weil der Lokalredakteur für seinen Zeitungsartikel den Namen der Gruppe wissen wollte, haben sie sich kurzentschlossen Sågkära genannt.

Ziemlich genau 30 Jahre später hat die Gruppe ihr Abschiedskonzert gegeben und sich aufgelöst. Die privaten und beruflichen Wege hatten sich inzwischen zu sehr auseinander entwickelt. Und weitere 10 Jahre später haben sich alle Musiker, die einmal in dieser Gruppe mitgespielt haben, noch einmal zu einem Jubiläumskonzert zusammengefunden. Das war im Dezember 2021 und am gleichen Ort wie vor 40 Jahren.

Dies haben die Musiker zum Anlass genommen, eine Doppel-CD mit Musikmaterial aus den ersten Jahren ihres Bestehens („de första åren“) zu veröffentlichen. Das Material deckt die Zeit von 1981 bis 1989 ab und jede CD ist über 76 Minuten lang. Zu hören sind Einspielungen, die heute kaum noch erhältlich sind, die früher mal in einer anderen Version zu hören waren oder die hier das erste Mal das Licht der Öffentlichkeit erblicken. Und dazu findet sich im Begleitheft ein längerer Beitrag zur Geschichte der Gruppe, mit vielen alten Fotos.

Die Gruppe Sågkära hatte damals so etwas wie einen Kultstatus, zumindest im südlichen Schweden. Beim Hören der CDs können wir also eintauchen in die Welt der Folkmusik, wie sie in den 1970er und 1980er Jahren dort wohl üblich war. Nostalgie? Vielleicht, aber nicht nur. Auch für die jüngeren Folkfreunde kann es interessant und spannend sein, sich in die damalige Zeit zurückzuversetzen. Alles schien irgendwie einfacher, unkomplizierter…

(Peter Wachner 03/2022)

Neue Veröffentlichungen aus Småland/Schweden

Das småländische Musikarchiv in Växjö (www.smalandsmusikarkiv.nu) ist für die hohe Qualität seiner Veröffentlichungen bekannt. Das gilt sowohl für die CDs als auch für die Bücher, und das bereits seit vielen Jahren. Die folgenden drei Veröffentlichungen sind 2021 erschienen. Ich habe sie mir besorgt. Sie gefallen mir sehr und deshalb will ich sie hier näher vorstellen.

Doppel-CD: Sågkära – De första åren

Alles begann an einem kalten, verschneiten Wintertag im Dezember 1981. Die Musiker gaben im Småländischen Museum in Växjö ihr erstes Konzert. Auf dem Programm standen Weihnachtslieder. Zur ihrer Überraschung kamen unerwartet viele Leute. Und weil der Lokalredakteur für seinen Zeitungsartikel den Namen der Gruppe wissen wollte, haben sie sich kurzentschlossen Sågkära genannt.

Ziemlich genau 30 Jahre später hat die Gruppe ihr Abschiedskonzert gegeben und sich aufgelöst. Die privaten und beruflichen Wege hatten sich inzwischen zu sehr auseinander entwickelt. Und weitere 10 Jahre später haben sich alle Musiker, die einmal in dieser Gruppe mitgespielt haben, noch einmal zu einem Jubiläumskonzert zusammengefunden. Das war im Dezember 2021 und am gleichen Ort wie vor 40 Jahren.

Dies haben die Musiker zum Anlass genommen, eine Doppel-CD mit Musikmaterial aus den ersten Jahren ihres Bestehens („de första åren“) zu veröffentlichen. Das Material deckt die Zeit von 1981 bis 1989 ab und jede CD ist über 76 Minuten lang. Zu hören sind Einspielungen, die heute kaum noch erhältlich sind, die früher mal in einer anderen Version zu hören waren oder die hier das erste Mal das Licht der Öffentlichkeit erblicken. Und dazu findet sich im Begleitheft ein längerer Beitrag zur Geschichte der Gruppe, mit vielen alten Fotos.

Die Gruppe Sågkära hatte damals so etwas wie einen Kultstatus, zumindest im südlichen Schweden. Beim Hören der CDs können wir also eintauchen in die Welt der Folkmusik, wie sie in den 1970er und 1980er Jahren dort wohl üblich war. Nostalgie? Vielleicht, aber nicht nur. Auch für die jüngeren Folkfreunde kann es interessant und spannend sein, sich in die damalige Zeit zurückzuversetzen. Alles schien irgendwie einfacher, unkomplizierter…

(Peter Wachner 03/2022)

   

Daahl! (Doppel-CD)

Diese Einspielung ist nicht ganz einfach zu beschreiben. Zunächst zum Titel. Daahl steht nicht für den Namen der Musikgruppe (einen solchen habe ich bei den Begleit-Infos auch nicht gefunden), sondern für zwei einflussreiche Musiker des 19. Jahrhunderts und ihre erhaltenen Notenhefte. Auf der Rückseite der Kassette finden wir noch die Ergänzung „Musik bland klockare, kriegsfångare och brännvinsbrännere“, also Musik unter Küstern, Kriegsgefangenen und Schnapsbrennern.

Vielleicht fange ich mal mit dem verbindenden Element der zu hörenden Musik an. Sie gibt einen Querschnitt der Musik, wie sie im 18. und 19 Jahrhundert im Landkreis Allbo im südlichen Småland zu hören war. Verschiedene Sammler und Musikanten sind vertreten, die immer wieder kreuz und quer miteinander verwoben sind. Da ist die Familie Wieslander, die vom 17. bis zum 19. Jahrhundert über viele Generationen hinweg in Vislanda die Küster und Organisten stellte. Da gab es die Familie Törnqvist, die einen Landgasthof und lange Zeit auch eine gutgehende Kornbrennerei betrieb. Weiter geht es mit dem polnisch-russischen Offizier und Kriegsgefangen Martin Witzofsky, dessen Melodien sich in den Notenbüchern von Magnus Theorin erhalten haben. Das ganze führt uns schließlich zu Petter Dahl und seinen Sohn Johan. Und nun sind wir, wenn auch in etwas anderer Schreibweise, beim Titel der Doppel-CD angekommen. Jetzt erklärt sich auch der Untertitel der CD.

Den Kern der Musiker bilden die beiden Geiger Anders Svensson und Magnus Gustafsson. Beide waren Mitglieder der Gruppe Sågkära, die sich vor etwa 10 Jahren aufgelöst hatte. Bei ihren Aufnahmen ließen sie sich in unterschiedlichen Besetzungen von vier weiteren Musikern auf Cello und Kontrabass, Orgel und Harmonium sowie Cittra und diversen Schlaginstrumenten unterstützen.

Nicht nur die Qualität der Musik überzeugt; beide CDs haben eine Laufzeit von zusammen fast 2 ½ Stunden und das Begleitheft umfasst ansehnliche 36 Seiten. Die lassen sich wirklich nicht lumpen! Wir hören 16tel-Polskas, „akzentuierte“ Polskas (geht Richtung Hambo), Schottische, Polkas, Walzer und die eine oder andere Engelska. Alles absolut tanzbar, zumindest für Leute, die sich eher im südöstlichen Teil Schwedens aufhalten. Fazit: Tanzmusik aus früheren Jahrhunderten, modern eingespielt und wieder zum Leben erweckt.

(Peter Wachner 03/2022)

 

Magnus Gustafsson und Eleonor Andersson: Folkliga koraler från södra Sverige (Buch)

Volkschoräle (schwed.: folkiga koraler) sind alttestamentliche Psalmen, die von den Gemeindemitgliedern gesungen wurden, die in der Regel aber nicht in die offiziellen kirchlichen Psalm- und Gesangbücher aufgenommen wurden. Der Gedanke, solche Lieder in Småland und den benachbarten Regionen zu sammeln, entstand vor etwa 20 Jahren. Da hatte man eher an ein kleines, einfaches Heftchen gedacht. Tatsächlich ist daraus ein Buch mit fast 500 Seiten und über 200 Liedern geworden. Jedem Lied sind zwei meist gegenüberliegende Seiten gewidmet; links steht das Lied, rechts finden wir detaillierte Quellenangaben und Anmerkungen. Die Lieder sind in alphabetischer Reihenfolge sortiert. Das erleichtert zumindest den Schweden das Auffinden eines bestimmten Textes.

Beim ersten Durchblättern fällt auf, dass einige Liedtitel mehrmals vertreten sind. Dann haben die Autoren zu einem bestimmten Text mehrere überlieferte Melodien gefunden. Ein gutes Beispiel dafür ist das Lied „I denna ljuva sommartid“, das seinen Ursprung in Deutschland hat („Geh aus, mein Herz, und suche Freud“ von Paul Gerhardt, 1607-1676). Es ist hier mit vier recht unterschiedlichen Melodien wiedergegeben, die bis vor wenigen Jahrzehnten regional auch noch gesungen wurden. Und keine dieser Melodien stimmt mit der bei uns üblichen überein!

Diese Vielfalt ist in der Vergangenheit eher die Regel als die Ausnahme gewesen. Die Texte wurden zu verschiedenen überlieferten Melodien gesungen und/oder unterschiedlich neu vertont. Darüber hinaus gingen die Volkschoräle immer wieder mal auf „Wanderschaft“ und erfuhren dabei die eine oder andere Veränderung.

Viele schwedische Spielmannstreffen integrieren inzwischen einen volksmusikalischen Gottesdienst (folklig gudtjänst) in ihr Programm. Auch das Möllner Folkfest (i. d. R. alle zwei Jahre) endet am Sonntagmorgen immer mit einem solchen Folk-Gottesdienst. Die hier veröffentlichte Sammlung südschwedischer Volkschoräle liegt also unbedingt im Trend!

(Peter Wachner 03/2022)

 

Daahl! (Doppel-CD)

Diese Einspielung ist nicht ganz einfach zu beschreiben. Zunächst zum Titel. Daahl steht nicht für den Namen der Musikgruppe (einen solchen habe ich bei den Begleit-Infos auch nicht gefunden), sondern für zwei einflussreiche Musiker des 19. Jahrhunderts und ihre erhaltenen Notenhefte. Auf der Rückseite der Kassette finden wir noch die Ergänzung „Musik bland klockare, kriegsfångare och brännvinsbrännere“, also Musik unter Küstern, Kriegsgefangenen und Schnapsbrennern.

Vielleicht fange ich mal mit dem verbindenden Element der zu hörenden Musik an. Sie gibt einen Querschnitt der Musik, wie sie im 18. und 19 Jahrhundert im Landkreis Allbo im südlichen Småland zu hören war. Verschiedene Sammler und Musikanten sind vertreten, die immer wieder kreuz und quer miteinander verwoben sind. Da ist die Familie Wieslander, die vom 17. bis zum 19. Jahrhundert über viele Generationen hinweg in Vislanda die Küster und Organisten stellte. Da gab es die Familie Törnqvist, die einen Landgasthof und lange Zeit auch eine gutgehende Kornbrennerei betrieb. Weiter geht es mit dem polnisch-russischen Offizier und Kriegsgefangen Martin Witzofsky, dessen Melodien sich in den Notenbüchern von Magnus Theorin erhalten haben. Das ganze führt uns schließlich zu Petter Dahl und seinen Sohn Johan. Und nun sind wir, wenn auch in etwas anderer Schreibweise, beim Titel der Doppel-CD angekommen. Jetzt erklärt sich auch der Untertitel der CD.

Den Kern der Musiker bilden die beiden Geiger Anders Svensson und Magnus Gustafsson. Beide waren Mitglieder der Gruppe Sågkära, die sich vor etwa 10 Jahren aufgelöst hatte. Bei ihren Aufnahmen ließen sie sich in unterschiedlichen Besetzungen von vier weiteren Musikern auf Cello und Kontrabass, Orgel und Harmonium sowie Cittra und diversen Schlaginstrumenten unterstützen.

Nicht nur die Qualität der Musik überzeugt; beide CDs haben eine Laufzeit von zusammen fast 2 ½ Stunden und das Begleitheft umfasst ansehnliche 36 Seiten. Die lassen sich wirklich nicht lumpen! Wir hören 16tel-Polskas, „akzentuierte“ Polskas (geht Richtung Hambo), Schottische, Polkas, Walzer und die eine oder andere Engelska. Alles absolut tanzbar, zumindest für Leute, die sich eher im südöstlichen Teil Schwedens aufhalten. Fazit: Tanzmusik aus früheren Jahrhunderten, modern eingespielt und wieder zum Leben erweckt.

(Peter Wachner 03/2022)

 

Magnus Gustafsson und Eleonor Andersson: Folkliga koraler från södra Sverige (Buch)

Volkschoräle (schwed.: folkiga koraler) sind alttestamentliche Psalmen, die von den Gemeindemitgliedern gesungen wurden, die in der Regel aber nicht in die offiziellen kirchlichen Psalm- und Gesangbücher aufgenommen wurden. Der Gedanke, solche Lieder in Småland und den benachbarten Regionen zu sammeln, entstand vor etwa 20 Jahren. Da hatte man eher an ein kleines, einfaches Heftchen gedacht. Tatsächlich ist daraus ein Buch mit fast 500 Seiten und über 200 Liedern geworden. Jedem Lied sind zwei meist gegenüberliegende Seiten gewidmet; links steht das Lied, rechts finden wir detaillierte Quellenangaben und Anmerkungen. Die Lieder sind in alphabetischer Reihenfolge sortiert. Das erleichtert zumindest den Schweden das Auffinden eines bestimmten Textes.

Beim ersten Durchblättern fällt auf, dass einige Liedtitel mehrmals vertreten sind. Dann haben die Autoren zu einem bestimmten Text mehrere überlieferte Melodien gefunden. Ein gutes Beispiel dafür ist das Lied „I denna ljuva sommartid“, das seinen Ursprung in Deutschland hat („Geh aus, mein Herz, und suche Freud“ von Paul Gerhardt, 1607-1676). Es ist hier mit vier recht unterschiedlichen Melodien wiedergegeben, die bis vor wenigen Jahrzehnten regional auch noch gesungen wurden. Und keine dieser Melodien stimmt mit der bei uns üblichen überein!

Diese Vielfalt ist in der Vergangenheit eher die Regel als die Ausnahme gewesen. Die Texte wurden zu verschiedenen überlieferten Melodien gesungen und/oder unterschiedlich neu vertont. Darüber hinaus gingen die Volkschoräle immer wieder mal auf „Wanderschaft“ und erfuhren dabei die eine oder andere Veränderung.

Viele schwedische Spielmannstreffen integrieren inzwischen einen volksmusikalischen Gottesdienst (folklig gudtjänst) in ihr Programm. Auch das Möllner Folkfest (i. d. R. alle zwei Jahre) endet am Sonntagmorgen immer mit einem solchen Folk-Gottesdienst. Die hier veröffentlichte Sammlung südschwedischer Volkschoräle liegt also unbedingt im Trend!

(Peter Wachner 03/2022)

 

Gleich 2 CDs in einem Etui legt die lettische Gruppe Saucējas vor. Dieser Name bedeutet „Vorsängerinnen“ und ist zweifellos Programm. Die zehn Sängerinnen (auf dem Cover in verschiedenen lettischen Trachten zu bestaunen) halten an der lettischen Kulturakademie die Tradition des mehrstimmigen Gesangs aufrecht. Sie greifen dabei auf alte Tonaufnahmen zurück, suchen aber auch im Land nach Saucējas, die noch in dieser Tradition stehen und der Sammlung der Akademie Lieder beisteuern können. Dabā, so der Titel der Doppel-CD, bedeutet „an der Natur“, und das leuchtet ein, mehrere Lieder heißen „Frühlingslied“, es gibt Hirtenlieder, die teilweise klingen wie verzweifelte Liebesklagen (ach, Lettisch müsste man können …), dann aber auch Lockrufe, so wohlklingend, dass noch nicht einmal das störrischste Schaf da widerstehen könnte. Im Hintergrund hören wir bei vielen Liedern Wasser rauschen und Vögel zwitschern, perfekt für das klangliche Naturerlebnis. Die Saucējas suchen sich für die Aufnahmen gezielt Orte aus, die weit weg von Autobahnen oder Hochspannungsleitungen liegen, um dem Lärm der modernen Zivilisation zu entgehen. Das sorgt für Idylle – interessant wäre es, die Tradition irgendwann ins Jetzt transponiert zu hören und eine an einer Bahnlinie entstandene Aufnahme zu hören! Saucējas: Dabā, CPL-Music, www-cpl-music.de (GH)

Spöket_i_köket_-_Kurbits_and_Flames.jpg

Spöket i Köket – Kurbits and Flames

Wenn sich 10 schwedischen Musiker, die zum Teil auch Multiinstrumentalisten sind, zusammentun für ein Bandprojekt und das Ganze über Jahre funktioniert, so ist es nicht ganz unwahrscheinlich, dass die Musik, die diese machen, ob nun traditionelle Folksongs oder Neukompositionen, locker und leicht rüberkommt. Trotz der 5 Bläser (Flöte, Saxophone, Klarinette, Trompete und Posaune) klingt die Band nicht so sehr nach Jazz, wie man vermuten könnte.

Die Songs sind aber gut arrangiert, man glaubt manchmal auch Einflüsse aus ganz Europa rauszuhören, wenn auch die schwedischen und samischen Einflüsse zu überwiegen scheinen.

Alles in allem ist auf der CD wirklich Gute-Laune-Musik der besten Sorte. Auch wenn meine Erwartungen eines bigbandnahen Sounds nicht erfüllt wurden (oder vielleicht grade deswegen), hat mir das Hören dieses Silberlings sehr gut gefallen.

Trotz der 10 Songs und 55 Minuten Länge bleibt der Wunsch nach mehr…

Kulturrået SEWJN60

v-zero

ist ein norwegischer Maultrommelvirtuose, der nun eine CD herausgebracht hat, mit dem programmatischen Titel „Munnharpe II“,

65 Grad Nord . www.stefan-johanssonde .

Stig Claesson: Das Denkmal des Schusters, Roman, deutsch von Maike Barth, Ihleo Verlag, 158 S., 14,95, http://www.ihleo-verlag.de/ GH)

Schwedischer Roman

Es ist das Jahr 1967, Schwedens Straßen stellen vom Links- auf den Rechtsverkehr um. Was irgendwie nur die letzte von vielen Veränderungen ist.

Der Dorfschuster Gustafsson muss also seinen an der Landstraße aufgestellten Briefkasten auf die andere Seite bringen. Kleinigkeit, sollte man denken, für einen alten Mann, der „sein Teil getan hat“, wie Gustafsson gern von sich sagt. Aber mit 72 will er seine Schusterwerkstatt schließen, und kommt dann überhaupt noch Post?

Die jungen Leute sind aus dem Dorf weggezogen, die Bauern geben nach und nach auf, weil das, was fünfzig Jahre zuvor als großer Hof galt, jetzt keine Familie mehr ernähren kann, der Bus ist längst eingestellt worden, als nächstes wird wohl die tägliche Postlieferung eingespart werden, soll man sich da große Mühe mit dem Briefkasten geben?

Gustafssons Schwester Elna, die ihren Bruder und die beiden im Dorf verbliebenen Junggesellen bekocht, sagt einmal, eigentlich nebenbei: „Wir sind ja nur noch Denkmäler.“ Und deshalb bringt der Schuster an seinem Briefkasten das Schild „Denkmal!“ an. Worauf plötzlich Sommerfrischler vor der Tür stehen, die den Weg zum Denkmal suchen. Und es wäre doch unhöflich, diesen armen Trotteln aus der Stadt zu erzählen, dass alles nur ein Witz war. Also führt Gustafsson die Gäste zur heruntergebrannten Herdstätte eines längst verstorbenen und zu seinen Lebzeiten im Dorf allgemein verhassten Bauern namens Yngve Frej und behauptet, das sei ein Grab aus grauer Vorzeit. Die Besucher sind ergriffen. Yngve Frej, beides Beinamen des nordischen Gottes der Schönheit und der Fruchtbarkeit, da fühlt man doch den Geist der Wikingerzeit!  Mit dem vermeintlichen Denkmal lassen sich also gute Geschäfte machen, aber will ich das eigentlich, fragt sich der alte Gustafsson, soll man die Dörfer nicht lieber in Frieden sterben lassen, statt sie in Museen für eine Landidylle umzuwandeln, die es nie gegeben hat? Stig Claesson ist eine urkomische Satire auf Folklorismus und Schwedenklischees gelungen, die für das heutige Schweden (und auch so manches andere Land) noch immer erschreckend aktuell ist.

Stig Claesson: Das Denkmal des Schusters, Roman, deutsch von Maike Barth, Ihleo Verlag, 158 S., 14,95, http://www.ihleo-verlag.de/ GH)

   
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