SKAN & BALTISCH

Anette Gilje war viele Jahre lang krank

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Finnische CD:

Päivi Hirvonen nennt ihre neue CD „Kallio“, das bedeutet „Felsen“. Wie ein Fels in der Brandung steht sie auf dem Cover, die Geige in der Hand, und diese Kraft sollen die von ihr allesamt selbstgeschriebenen Lieder ihren Zuhörerinnen machen. Sie richtet sich an Frauen ungefähr in der Lebensmitte und greift Themen auf wie Rechte von Mädchen, Liebesbeziehungen, psychische Gesundheit, die vielfältige Verantwortung, die immer drückender auf ihren Schultern lastet wie ein zu schwer gewordener Mantel. Das klingt vielleicht deprimierend, aber es gibt doch immer wieder Hoffnung, auf eigene Stärke, auf Solidarität, auf die Kraft unserer Ahninnen. Die musikalische Untermalung trägt das ihre bei, um allzuviel Düsterkeit zu bannen. Anfangs summt Päivi Hirvonen und zupft ihre Geige, dann legt sie los und zeigt, dass sie eine wahre Teufelinnengeigerin ist. Wobei sie sich gerade so weit von den finnischen Traditionen entfernt, dass die noch deutlich zu hören sind und zeigen, wie sehr sie in unseren Alltag 2022 gehören.

Päivi Hirvonen: Kallo, Nordic Notes, www.nordic-notes.de (GH)

Schon auf der CD „Midsommar“ (FM344) hat sich das schwedische Duo Fjärill des hierzulande nicht so richtig gewürdigten schwedischen Nobelpreisträgers Pär Lagerkvist (1951) angenommen, und ihm zur Seite (gewissermaßen) steht eine Nobelpreisträgerin, Nelly Sachs (1966). Die beiden verbindet, dass die vor den Nazis geflohene Dichterin Sachs in Schweden eine Zuflucht gefunden hatte.

Sie hat Gedichte von Lagerkvist ins Deutsche übersetzt, und beide haben sich in ihrer Dichtung oft von biblischen Gestalten wie Barabas (Lagerkvist) und Hiob (Sachs) inspirieren lassen. Fjärill singen auf Deutsch und auf Schwedisch und spielen eine Vielzahl von Instrumenten, Andreas Grötzinger rezitiert. Sachs und Lagerkvist sind nicht gerade für überschäumende Lustigkeit bekannt, und Titel wie „Hier nehme ich euch gefangen, ihr Worte“ oder „Licht von erlöschenden Sternen“ verlangen geradezu nach dem langsamen, leisen Vortrag, der so eine Art Markenzeichen von Fjärill geworden ist, schmetterlingszart eben. Aber zwischendurch fetzen sie dann countrymäßig los (bei Stück 3, dem „Wunschlied“), und dass Fjäril auch Temperament können, ist die große Überraschung dieser wunderschönen, eigentlich zum Nachdenken anregenden CD. Fjärill: Poësi. Butterfly Records, www.fjärill.de (GH)

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Schon lange wollten Svend-Erik Pedersen und Per Fjord Lieder schreiben, die auf den dänischen und überhaupt den skandinavischen Traditionen fußen, und nun haben sie dieses Vorhaben in die Tat umgesetzt und mit allerlei Gästen eine schöne CD aufgenommen. Regenwettertänze heißt sie, ist aber auch bei Schnee und Nebel gut zu hören. Untertitel: Lieder vom Selsø-Fjord, aber diese Lieder machen sich in jeglicher Umgebung. Es geht gleich los mit einem dänischen Lieblingsthema, dem Elfenhügel, „Elverhøj“, garniert mit feinster Geige von Svend-Erik Pedersen.

Später hören wir typisch nordischen Chorgesang aus dem Mittelalter, wie er auf den Färöern noch immer gepflegt wird (nur mit wenig mittelalterlichem Text), dann gibt es Sprechgesang, wie es sich gehört im Land von Benny Andersen, es gibt Country-Anklänge (die Infos auf der CD verraten leider nicht, welche der gastierenden Sängerinnen was singt), bei denen Dolly Parton Patin gestanden hat, es gibt hämmernden Rhythmus wie bei den Electric Folk-Band der siebziger Jahre.

Einfach schön und gut und überraschend. Regnvejrsdanser. Selsølåter. Sange fra Selsø Fjord.

GO‘ Danish Folk, www.gofolk.dk (GH)

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Elias Akselsen nimmt sich seit Jahren der Lieder und Überlieferung der norwegischen Reisenden an, sie nennen sich Tatere, und sie entsprechen den Travellers in Irland, auch was die Diskriminierung angeht, der diese Bevölkerungsgruppe noch immer ausgesetzt ist. Interessanterweise klingt ihr Gesangsstil bisweilen ähnlich, was einige Lieder auf der CD beweisen. Die Lieder auf dem Album stammen fast alle von Elias Akselsen, einige Male greift er auf traditionelle Melodien zurück.

Einige Male wird a-capella gesungen, zumeist von Elias Akselsen selbst. Dazu gibt es lange Balladen, die traditionell sein könnten, z.B. „Buro Bengen“, über den Jungen aus der sesshaften norwegischen Bevölkerung, der sich in ein Tatermädchen verliebt, was auf beiden Seiten als Tabubruch betrachtet wird. Allerlei Studiogäste haben an dieser CD mitgewirkt, besonders beeindruckend ist der Gesang von Anita Kleppe. Hinreißend auch die Geige von Ola Kvernberg und das Akkordeon von

Stian Carstensen. Elias Akselsen: Horta, Grappa, www.grappa.no (GH)

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Magnus Gustafsson und Eleonor Andersson: Folkliga koraler från södra Sverige (Buch)

Volkschoräle (schwed.: folkiga koraler) sind alttestamentliche Psalmen, die von den Gemeindemitgliedern gesungen wurden, die in der Regel aber nicht in die offiziellen kirchlichen Psalm- und Gesangbücher aufgenommen wurden. Der Gedanke, solche Lieder in Småland und den benachbarten Regionen zu sammeln, entstand vor etwa 20 Jahren. Da hatte man eher an ein kleines, einfaches Heftchen gedacht. Tatsächlich ist daraus ein Buch mit fast 500 Seiten und über 200 Liedern geworden. Jedem Lied sind zwei meist gegenüberliegende Seiten gewidmet; links steht das Lied, rechts finden wir detaillierte Quellenangaben und Anmerkungen. Die Lieder sind in alphabetischer Reihenfolge sortiert. Das erleichtert zumindest den Schweden das Auffinden eines bestimmten Textes.

Beim ersten Durchblättern fällt auf, dass einige Liedtitel mehrmals vertreten sind. Dann haben die Autoren zu einem bestimmten Text mehrere überlieferte Melodien gefunden. Ein gutes Beispiel dafür ist das Lied „I denna ljuva sommartid“, das seinen Ursprung in Deutschland hat („Geh aus, mein Herz, und suche Freud“ von Paul Gerhardt, 1607-1676). Es ist hier mit vier recht unterschiedlichen Melodien wiedergegeben, die bis vor wenigen Jahrzehnten regional auch noch gesungen wurden. Und keine dieser Melodien stimmt mit der bei uns üblichen überein!

Diese Vielfalt ist in der Vergangenheit eher die Regel als die Ausnahme gewesen. Die Texte wurden zu verschiedenen überlieferten Melodien gesungen und/oder unterschiedlich neu vertont. Darüber hinaus gingen die Volkschoräle immer wieder mal auf „Wanderschaft“ und erfuhren dabei die eine oder andere Veränderung.

Viele schwedische Spielmannstreffen integrieren inzwischen einen volksmusikalischen Gottesdienst (folklig gudtjänst) in ihr Programm. Auch das Möllner Folkfest (i. d. R. alle zwei Jahre) endet am Sonntagmorgen immer mit einem solchen Folk-Gottesdienst. Die hier veröffentlichte Sammlung südschwedischer Volkschoräle liegt also unbedingt im Trend!

(Peter Wachner 03/2022)

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Aus Dänemark kommen Optur – Nordic Free Folk, drei Männer und eine Frau, die, so sieht das Cover aus, einen Höllenlärm machen, zum Glück aber nicht bei jedem Stück.

Sie sehen sich verwurzelt in den nordischen Musiktraditionen, und die hört man auch heraus, mal mehr, mal weniger. Free Folk eben.

Sie fangen gern mit einem Schottisch an und improvisieren dann drauflos, wobei sie manchmal doch viel freier vorgehen könnten, z.B. ist das skandinavische Einheitssaxophon manchmal doch gar vorhersagbar.

Manche Titel sagen, wo es hingeht - „Næsten Norsk“ ist wirklich „fast Norwegisch“, das echte Hardangergefühl ist heraus zu spüren. Bei der „Pip Polka“ muss es wild zugehen, das ist auch klar.

Manchmal singen sie ein paar Strophen, oder auch nur eine, manchmal reden sie so wild durcheinander, dass die Zuhörerin kein Wort verstehen kann (beim Stück „Nørre Smidstrup Hambo“, wo leider der Titel auch nicht zum Verständnis hilft),

kurzum, eine kurzweilige CD voller oft schöner Überraschungen. Optur – Nordic Free Folk, Go‘ Danish Folk Music,

www.gofolk.dk (GH)  

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 Marvara – High on Life - GO Danish GO2121

   

 Großartige Musik!

Dieses Album ist pure Energie! Ganz still beginnt der erste Titel „Underground Schottisch“, um sich dann mit vollem Instrumentarium zu entfalten. Doch wenn es nur das wäre: Marieke Van Ransbeeck (B, flämische und schwedische Bagpipes, Musette) und ihre MitmusikerInnen Villads Hoffmann(DK, Cittern, Gitarre, Violine), Frederik Mensink (DK, double bass), Mårtin Hillbom (S, Percussion) und Hilke Baueraerts (BE, Diatonisches Akkordeon), Alle: Vocals, entfalten ein regelrechtes Feuerwerk von Melodien, alle aus der Feder von Marieke Van Ransbeeck. Ganz sanfte Töne sind da zu hören, besonders aber Musik gewordene Lebensfreude, Ausgelassenheit, fast schon Übermut. Man hört regelrecht, dass sich Marieke in der Folkparty-Szene gut aufgehoben fühlt. Sonderhøninger klingen da durch, Walzer von Fanø, Schwedisch klingende Polskas, eine regelrechte „Polka Battle“, alle wundervoll tanzbar. Und ganz zum Schluss, quasi zum Herunterkommen, eine „hyggeliger“ „Slow Tune“. Das alles mit großer Perfektion und musikalischem Können eingespielt. Ein perfektes Album. Und wieder eine großartige Produktion vom GoDanish-Label.www.marvaramusic.com (MC)

heißt das Schwimmbad der norwegischen Gemeinde Froland, und damit könnte die Geschichte auch schon zu Hause sein.

   
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