Rezensionen

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Die englische Autorin Rebecca Tope haben wir ja schon mehrfach angepriesen, und damit machen wir auch weiter, bis sich endlich ein deutscher Verlag für diese grandiosen Krimis findet – und dann erst recht. Hier geht es nun weiter mit der Cotswolds-Serie.

Thea Osborne, wir erinnern uns, muss nach dem Tod ihres Mannes ihr Leben neu sortieren, und um zu sich zu kommen, verdingt sie sich als House-Sitterin. Diesmal scheint alles ganz einfach zu sein. Eine ungeheuer sympathische und unkomplizierte Patchwork-Familie möchte zwei Wochen in Irland verbringen und vertraut Thea Haus, Garten und eine Menge Getier an, z.B. ein fußkrankes Pony (das dann in der Geschichte eine wichtige Rolle spielen wird).

Thea freut sich auf zwei ruhige Wochen – aber natürlich überstürzen sich die Ereignisse. Ihre Schwester Jocelyn sucht vor ihr Zuflucht vor ihrem gewalttätigen Ehemann, und in der Scheune hängt ein Selbstmörder. Genauer gesagt, wie es sich herausstellt, wurde er in einer anderen Scheune ermordet und dann in der von Theas Arbeitsgebern aufgehängt. Die, scheinbar so sympathisch und unproblematisch, sind nicht zu erreichen, und die ganze Nachbarschaft, allesamt extrem unsympathisch und problematisch, versucht mit allen Kräften, Thea und Jocelyn aus dem Haus zu vertreiben. Aber die beiden können nicht weg, denn der gewalttätige Gatte darf Jocelyn ja nicht finden. Und dann stellt Thea auch noch fest, dass sie den ermittelnden Kommissar ein bisschen zu attraktiv findet. Ganz viel Lokalkolorit, wunderbare Beschreibungen von Land und Leuten, kluge Sprüche, dieses Buch ist wieder ein Genuss.

Rebecca Tope: A Cotswold Ordeal, Allison & Busby, 349 S, 8,99 £, http://www.rebeccatope.com/    (GH)

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Neues von Manfred Maurenbrecher ist ja wohl immer sensationell, und lange haben wir auf dieses Album gewartet. „Menschen machen Fehler“ heißt es, und das ist so wahr! Im gleichnamigen Lied zählt er allerlei Fehler auf, beispielsweise aus dem weiten Feld der Verkehrsplanung. Er brilliert mit einem Kinderlied, das gar keins ist, das besagt schon der Titel „Neues Rom“, wo er Abzählreimen ganz neue Gestalt gibt. Er besingt Litfaßsäulen, die aus dem Stadtbild ja fast verschwunden sind und liefert sogar echte Schunkelmusik. Wobei der Text natürlich nicht zum Schunkeln ist, was die Hörerin verwirrt innehalten lässt. Das klingt ja alles ganz nett und harmonisch, aber wenn es um Krieg geht, oder um die dringend nötige Solidarität mit den sich wehrenden Frauen im Iran, zeigt MM seine ganze sprachliche Meisterschaft. Das auf den ersten Blick gemütliche „Der Zug“ ist einem großen Kollegen gewidmet und diesem nachempfunden: Hanns Dieter Hüsch, und schon sehen wir wieder: Nix mit gemütlich. Aber wunderbar scharfsinnig und klug! Manfred Maurenbrecher: Menschen machen Fehler, Broken Silence, www.maurenbrecher.com (GH)

Regionalkrimi. NACHTENGEL

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Steve Leon & the Accusations – Louche

Der Gründer dieser Alternativ-Country- Band, Seve Leon Michielsen, seines Zeichen Songwriter (=Liedermacher?) und Gitarrist,  hat sich nach diversen Engagements in Punk- und Indie-Bands entschlossen, sich jetzt seinen Lieblingssparten, Country und Folk zu widmen und gründete diese Band zusammen mit vier anderen Musikern und seiner Frau. Und im sommer 2022 nahmen sie diese EP mit fünf Songs und etwa 20 Minuten Spieldauer auf. Alles wurde bis auf die Enddigitalisierung mit analoger Technik aufgenommen und abgemischt.

Nun kann man unter Alternativ-Countra natürlich alles Mögliche verstehen, wenn es nur ein wenig nach Country klingt. Ich habe die Musik als Pop mit Country- Einschlag empfunden. Solide produziert, sauber eingespielt, teils mehrstimmiger Gesang und Instrumente wie Pedal Steel Guitar und Banjo steuern das Country- Feeling bei, die Songs selber haben bei mir aber nicht wirklich gezündet. Das dürfte aber Geschmackssache sein.

Geplant ist, auch eine Vinylscheibe auf den Markt zu bringen.

Off label records LC 22 994

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Lokalkrimi

Reinhard Rohn haben wir ja schon häufiger gelobt, und nun hat er einen neuen Krimi, natürlich aus Köln. Der Ermittler Schiller, den wir aus zehn früheren Romanen kennen, wird in diesem nur im Nebensatz erwähnt, denn  hier tritt der neue Romanheld auf, Robert Faller (die Älteren unter uns denken hier vielleicht an den Serienstar Robert Fuller und haben gleich ein Bild vor Augen …) Faller ist ein ehemaliger Starjournalist, der sich vor vielen Jahren aufgemacht hatte, um eine Verschwörung der Bilderberger aufzudecken – ihm waren Informationen zugespielt worden, diese Schurken wollten das Bargeld abschaffen. As damals unvorstellbar schien! Und es stimmte auch nicht, und der Schwindel flog auf und Fallers guter Ruf ar ruiniert. Seither schlägt er sich mit Aufträgen durch, die eigentlich eit unter seinem Niveau liegen, Firmenchroniken z.B. Zu Beginn des Buches ist er in einem elenden Zustand, seine Freundin ist bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen, und als ihn die Tochter einer Kollegin von früher aufsucht, weil ihre Mutter verschwunden ist, sieht er zunächst keinen Zusammenhang zwischen beiden Ereignissen. Den sieht er auch nicht, als der ungeheuer reiche Bankier Wartenstein, der bei allem, was in Köln wichtig ist und Geld bringt, seine Finger mit ihm Spiel hat, ihm anbietet, für ein traumhaft hohes Honorar die Chronik der Bank zu schreiben. Und dabei war es doch Wartenstein, der Faller damals die Falle gestellt hat … Aber natürlich gehen ihm die Zusammenhänge nach und nach auf, und wir lernen, dass der Kölsche Klüngel noch viel ärger ist, als allgemein behauptet wird. Ein spannender Krimi also mit viel Witz und Lokalkolorit und einer Menge interessanter Typen, wie es sie – vielleicht - nur in Köln gibt (perfekt wäre der Lesegenuss, wenn der Autor endlich begönne, in Wennsätzen nicht mehr „würde“ zu schreiben!). Reinhard Rohn: Faller und der Pate von Köln, Emons Verlag, 287 S., www.emons-verlag.de, 14,-- (GH)

Andreas Albrecht - Nach außen, nach innen"     Silberblick Musik 12028

Seit Ende der achtziger Jahre, so liest man, ist der Künstler in der Berliner Szene aktiv. Als Sänger, als Pianist, als Produzent. Der Mann beherrscht seine Instrumente, derer vielerlei, hat auch den größten Teil davon selber eingespielt. Das Cover und Booklet sind sehr gekonnt gemacht. Die Texte allerdings sind sehr, sehr frei. Das muss man mögen, ebenso wie das Konzept "zwei unterschiedlicher Stimmungen, nebeneinander gestellt und miteinander korresponierend". Mehr kann man dazu nicht sagen.

Vom Arabischen Frühling war in letzter Zeit viel die Rede, Rückblicke, was ist davon geblieben. Guter Grund, noch einmal einen Blick in einen Krimi zum Thema zu werfen, der zwar schon vor einigen Jahren erschienen, aber immer noch aktuell und immer noch lieferbar ist.

Sophie Sumburanes erster Krimi spielt zwar vor allem in Leipzig (viel Lokalkolorit), aber es gibt Verbindungen nach Kairo, und die sind viel enger als zunächst gedacht. Indiz: In beiden Städten gehen Täter wie Opfer im KFC essen, in beiden schmeckt es dort gleich scheußlich! Eine Geschäftsfrau wird ermordet, und alles weist daraufhin, dass der Mörder ein bei ihrer Firma angestellter ägyptischer Ingenieur ist. Natürlich ist das alles nicht so einfach, zumal da offenbar zwei Ägypter ein und ausgegangen sind, oder vielleicht doch nur einer? Warum sollte der dann aber unter zwei Namen auftreten? Und was hat er in Kairo gemacht, ehe er nach Leipzig gekommen ist? Dann ist da noch der Ex der Ermordeten, ein von Anfang an unsympathischer Macho mit dem Tenornamen Leander Lore – in welcher Verbindung steht der nun wieder zu allem?

Kommissarin Charlotte Petzold hat mehr als genug zu tun, um diesen Fall zu klären – und ihr neuer Assistent Mario Lasslo erkennt, dass das Polizistenleben ganz anders ist, als er erwartet hatte.

Ein neuer Krimi von Sophie Sumburane ist für nächstes Jahr angekündigt, hoffentlich wieder mit diesem hinreißenden Duo!

Sophie Sumburane: Gefährlicher Frühling, Pendragon, 280 S. 12.99 www.pendragon.de (GH)

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Liedermacher, Rock-Pop

Bernhard Eder – Golden Days

Unprätentiöse Musik, nicht so ganz das, was man von Liedermachern erwartet, mehr rock-pop- artig, mit ein wenig Latineinflüssen. Nichts Ungewöhliches also bis auf die eingespielten Geräusche, die mir nicht so ganz zur Musik zu passen scheinen- möglicherweise erklären die sich aus den (englischen) Texten, die teils kryptisch sind, aber durchaus kritische Bezüge zur Realität zeigen, auch wenn sie sich viel um die eigenen Befindlichkeiten zu drehen scheinen.

Der Multiinstrumentalist Eder hat hier mit Unterstützung von 6 weiteren Musikern und Musikerinnen eine durchaus interessante Scheibe von fast 50 Minuten Spielzeit mit 10 Stücken abgeliefert, wobei sich die Vielschichtigkeit der Musik nicht gleich beim ersten Mal hören erschließt.

Die Produktion wurde von ÖST.MusikFands unterstützt.

www.bernhardeder.net

TRON21

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Ein Krimi oder ein Science Fiction? Auf den neuen Roman von Zoë Beck trifft beides zu.

Er spielt in nicht allzu ferner Zukunft in Frankfurt und München, aber in beiden Städten hat sich einiges verändert. Die Umweltkatastrophe ist weit fortgeschritten, Waldbrände wüten an den Stadträndern, den Reichen geht es glänzend, den Prekären geht es dreckig – wir sehen also eine Entwicklung, die sich auch jetzt schon deutlich abzeichnet.

Harriet, die Hauptperson, wird, Auslöser: ein Waldbrand, mit Erinnerungen konfrontiert, an die sie sich im wahrsten Sinne des Wortes nicht erinnern kann. Ihre Mutter ist tot, ihr Vater dement, wer kann ihr helfen, die falschen von den wahren Erinnerungen zu trennen? Und vor allem, herauszufinden, wer ihre Erinnerungen manipuliert hat, und warum?

Die Reise nach München und in die Vergangenheit wird zu einem Horrortrip, aber am Ende hat es sich für Harriet gelohnt. Harriet ist von Beruf Klavierbauerin, hat aber nur selten die Gelegenheit, ihr Handwerk auszuüben, sie hält sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser und ist glücklich, wenn sie zwischendurch irgendwo ein Klavier stimmen oder einem trotzigen Kind Unterricht geben darf.

Es gibt wunderbar viel Klaviermusik in diesem Roman, und wir erfahren so einiges über das Innenleben von Klavieren. Und sogar, dass die Polizeisirenen in München auf eine Quarte eingestellt sind, ist hier zu lesen.

So viel Klavier gibt es sonst nur bei Ketil Bjørnstad (in seiner autobiographischen Romanfolge „Die Welt, die meine war“, im Osburg-Verlag), aber Klavier und Sci fi zu mischen, das schafft nur Zoë Beck!

Zoë Beck: Memoria, Suhrkamp Verlag, 281 S, 16,95,  https://zoebeck.blog/  (GH)

Christof Stählins Lieder

In diesem Jahr könnte Christof Stählin seinen 80. Begehen, und wir würden ihn sicher begeistert feiern. Den größten Wortkünstler seiner Generation, einen virtuosen Sänger, Musiker und Dichter, nach dessen Tod sogar der englische Independent einen langen Nachruf brachte (was wenigen unserer Landsleute passiert). Zur Erinnerung gibt es nun eine CD mit einer Auswahl von Liedern, einige aus seiner frühen Schaffensperiode, die alten Fans werden sie alle noch im Ohr haben.

Alte Weggefährten und neue Kolleginnen sind vertreten, sie singen ganz eigene Versionen, oder solche, in denen das musikalische Vorbild des Meisters noch zu hören ist, die aber niemals zur bloßen Kopie werden. Eine CD mit vielen Höhepunkten und keinem einzigen Tiefpunkt, nur mit knapp über 60 Minuten Spielzeit viel zu kurz. Aber andererseits, auch bei über vier Stunden wäre die Sammlung zu kurz! Und ohnehin Grund, sich ausgiebig der eigenen Stählinsammlung zu widmen.

Aber als Köder zum CD-Erwerb seien hier einige Höhepunkte genannt: „Ein Skelett“, Christof Stählin ließ beim Vortrag seine Fingergelenke knacken und erzeugte damit einen feinen Gruseleffekt, Philipp Schmidt-Raesa inszeniert es als klassische Gespenstermusik. Johanna Zeul sing „Der Kapitän“ rotzfrech als Gassenhauer, „Standort“ wird in Reinhard Meys Interpretation fast schon ein an barocke Vorbilder (die Christof Stählin immer sehr wichtig waren) angelehntes „Memento Mori“, und „Die Liebe der Wale im Eismeer“ von Johanna Zeul und Thomas Felder ist genauso erotisch aufgeladen, wie die Wale es schließlich vormachen.

Reicht das? Los und kaufen und hören, immer wieder hören! Nur meine Lieder, Weggefährten und Liedgenossen singen Christof Stählin, BuschFunk, www.buschfunk.com (GH)

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