BÜCHER & HEFTE

REGIONALKRIMI WITTENBERGE

Im FM 326 haben wir den Krimi „Der weiße Affe“ von Kerstin Ehmer gelobt und gehofft, dass es weitere Krimis mit Kommissar Ariel Spiro in der Hauptrolle geben wird. Einen haben wir verpasst, Skandal, nun ist schon der dritte da! Spiro, den es aus dem beschaulichen Wittenberge an der Elbe in die turbulente Reichshauptstadt verschlagen hat, lebt nun seit fast einem Jahr dort, wir schreiben das Jahr 1925, er fühlt sich wohl dort, in der Liebe läuft es auch endlich gut, nur sein Adlatus Bohlke neigt zu seltsamen Ausbrüchen von Melancholie, seit seine Gattin ihn zu Vorträgen der Anthroposophen schleift – und bei der Aufklärung des Mordes, mit dem alles anfängt, ist Spiro deshalb zumeist auf sich selbst gestellt. Ein Journalist wird aus der Spree gezogen, und es ist klar, dass er ermordet worden ist. Der Tote ist aus München zugereist und schreibt für den Völkischen Beobachter – Spiro liest erstmals dieses Blatt und ist entsetzt, aber den Mord aufklären muss er trotzdem. Klar ist nur, dass es nicht die politischen Gegner von links waren, die den Mann erschlagen und dann in die Spree geworfen waren, aber könnten es seine Gegner innerhalb der eigenen Partei gewesen sein? Spiro muss sich nun mit Nazis aller Art herumquälen, sein Weg führt ihn durch feine Münchner Salons über Artmanensiedlungen in Pommern immer wieder zurück in die Charité und ins Magnus-Hirschfeld-Institut, wo seine Angebetete Nike arbeitet. Manches an diesem Roman voller Zeit- und Lokalkolorit klingt beklemmend wie von heute, wenn z.B. die Politische Polizei die Nazis überwachen soll und doch von ihnen unterwandert ist. Der dritte Ariel-Spiro-Roman ist unglaublich spannend, manchmal witzig, es gibt überraschen viel Musik (aus „Des Knaben Wunderhorn“, z.B.. oder „Es saß ein klein wild Vögelein“) – manchmal aber geben Spiros Einschätzungen arg zu denken: Wenn er z.B. über Hitlers Bewunderinnen sinniert, „ältere Damen“, denkt er, wie Winifred Wagner, die 1925 gerade mal 28 war.

Kerstin Ehmer: Der blonde Hund, Pendragon Verlag, 464 S., 22,--, www.pendragon.de (GH)

Norwegisches Buch.

Scandinavian Academic Press, 247 S., 399 nok., https://scandinavianacademicpress.no (GH)

Leider bisher nur auf Norwegisch, aber wir können ja hoffen.

Die Volkkundlerin Sigrid Aksnes Stykket hat sich Balladen vorgenommen und untersucht, wie Frauen darin dargestellt werden. Die Lieder in ihrer Untersuchung stammen aus dem Norden, es gibt wunderbare Textbeispiele z.B. auf Altnordisch oder Färöisch.

Alle Texte gibt es in vielen Varianten mit teilweise sehr unterschiedlichen Enden. Aufgezeichnet wurden einige schon im ausgehenden Mittelalter, die meisten jedoch in der großen Sammelzeit im 19. Jahrhundert – und bei diesen ist auch bekannt, wer die Gewährsleute waren. Über die erfahren wir zwar nichts, aber dass Frauen in der Mehrzahl sind, ist immerhin eine interessante Information. Allerdings heißt das nicht, dass die Frauen besonders aktiv würden.

In einer weitverbreiteten Ballade, wo die frischvermählte Frau vom Gatten, dem es nur um die Mitgift ging, umgebracht zu werden droht, kann nur ihr Bruder sie retten, was auch immer gelingt – die Moral: Wenn die Männer der Sippe für die Frauen die Ehen aushandeln, sind sie auch dafür verantwortlich, dass es den Frauen in diesen Ehen gut geht.

Viel verbreitet ist auch die Geschichte vom wilden Wassermann, doch anders als Lilofee, die ja freiwillig mit ihm zurückgeht, hat die Braut in den nordischen Balladen keine Entscheidungsmöglichkeit. Die Geschichte des armen Mädchens, das angeblich Stroh zu Gold spinnen kann, ist im Norden ebenfalls zum Lied geworden und auch dort rettet sie sich am Ende, indem sie ihren Widersacher beim Namen nennt. Das sind nur ein paar Beispiele aus dieser hervorragenden Untersuchung, also, wer Norwegisch lesen kann, unbedingt anschaffen. Sigrid Aksnes Stykket: Ho sette seg sjov te styre. Kvinneframstilling i balladar gjennom tid og rom. Scandinavian Academic Press, 247 S., 399 nok., https://scandinavianacademicpress.no (GH)

REGIONALKRIMI WITTENBERGE

Im FM 326 haben wir den Krimi „Der weiße Affe“ von Kerstin Ehmer gelobt und gehofft, dass es weitere Krimis mit Kommissar Ariel Spiro in der Hauptrolle geben wird. Einen haben wir verpasst, Skandal, nun ist schon der dritte da! Spiro, den es aus dem beschaulichen Wittenberge an der Elbe in die turbulente Reichshauptstadt verschlagen hat, lebt nun seit fast einem Jahr dort, wir schreiben das Jahr 1925, er fühlt sich wohl dort, in der Liebe läuft es auch endlich gut, nur sein Adlatus Bohlke neigt zu seltsamen Ausbrüchen von Melancholie, seit seine Gattin ihn zu Vorträgen der Anthroposophen schleift – und bei der Aufklärung des Mordes, mit dem alles anfängt, ist Spiro deshalb zumeist auf sich selbst gestellt. Ein Journalist wird aus der Spree gezogen, und es ist klar, dass er ermordet worden ist. Der Tote ist aus München zugereist und schreibt für den Völkischen Beobachter – Spiro liest erstmals dieses Blatt und ist entsetzt, aber den Mord aufklären muss er trotzdem. Klar ist nur, dass es nicht die politischen Gegner von links waren, die den Mann erschlagen und dann in die Spree geworfen waren, aber könnten es seine Gegner innerhalb der eigenen Partei gewesen sein? Spiro muss sich nun mit Nazis aller Art herumquälen, sein Weg führt ihn durch feine Münchner Salons über Artmanensiedlungen in Pommern immer wieder zurück in die Charité und ins Magnus-Hirschfeld-Institut, wo seine Angebetete Nike arbeitet. Manches an diesem Roman voller Zeit- und Lokalkolorit klingt beklemmend wie von heute, wenn z.B. die Politische Polizei die Nazis überwachen soll und doch von ihnen unterwandert ist. Der dritte Ariel-Spiro-Roman ist unglaublich spannend, manchmal witzig, es gibt überraschen viel Musik (aus „Des Knaben Wunderhorn“, z.B.. oder „Es saß ein klein wild Vögelein“) – manchmal aber geben Spiros Einschätzungen arg zu denken: Wenn er z.B. über Hitlers Bewunderinnen sinniert, „ältere Damen“, denkt er, wie Winifred Wagner, die 1925 gerade mal 28 war.

Kerstin Ehmer: Der blonde Hund, Pendragon Verlag, 464 S., 22,--, www.pendragon.de (GH)

   
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