DEUTSCHLAND

Die vier Herren FloBêr – sind sie aus dem Saarland (Postadresse) oder aus Berlin (Pressemitteilung)?

FRIESISCHE CD

In Ostfriesland ist die friesische Sprache vor Jahrhunderten ausgestorben, weshalb sich dort eine eigene Plattdeutsch-Variante entwickeln konnte, ostfriesisches Platt eben. Gerade so eigen, dass es sich für uns, die wir mit anderen Plattarten aufgewachsen sind, exotisch anhört, und doch verständlich, wunderschön also.

Sabine Hermann lebt in Hude, kommt vom Indie-Pop und verwendet gern Synthesizer, oder Balafon, Balalaika und Spinett, eine reiche Auswahl überhaupt an Instrumenten, die nicht unbedingt mit ostfriesischen Liedern in Verbindung gebracht werden.

Das Ergebnis dieser Mischung ist umwerfend. Sabine Hermann hat die meisten Lieder auf der CD selbst geschrieben, eine der Ausnahmen stammt von dem schon etwas länger verstorbenen Südtiroler Kollegen Walther von der Vogelweide und ist hier im mittelhochdeutschen Originaltext zu hören, mit einer Melodie, die sicher auch dem alten Minnesänger gefallen hätte.

Eine andere ist traditionell und bestimmt allgemein bekannt: „Dat du mien Leevsten büst“, hier als fetzige Discomelodie. Sabine Hermann: Sangen, kosmopolit, www.sabinehermann.com (GH)

Florian Schneider ist ein Schweizer Liedermacher, der aber zum Glück fürs norddeutsch geprägte Ohr ein südlich geprägtes Schriftdeutsch singt.

Und wie er singt! Kräftige, klangvolle Stimme (erinnert sich hier noch jemand an Karl Wolfram? Das ist die erste Assoziation beim Hören).

Seine Lieder und sein Vortrag wirken total aus der Zeit gefallen, eine Erinnerung an damals, als Leute wie er Bänkelsänger genannt wurden.

Aber es ist nichts Altmodisches an seinen „Liebesliedern, Balladen, Reiseliedern, Moritaten“ – so der Untertitel der CD. Er schreibt selbst, übersetzt aber auch gern die Sachen berühmter Kollegen, hier z.B. Tom Waits und Robert Burns. Oder „trad“, die dramatische Geschichte von The Lily of the West“ heißt hier „Lili von Waldweid“ (der Man of high degree wird hier zum „fremden Mann“, was der Sache gesellschaftlich gesehen noch einen anderen Anstrich gibt).

Er singt inbrünstig einen Choral, dann wiederum bringt er eine blutrünstige Moritat, die nicht einmal Helmut Qualtinger gruseliger hingekriegt hätte. Kurzum, grandios, und schnell noch ein großes Lob für den Geiger Adam Taubitz.

Florian Schneider: Schangsongs, www.florian-schneider.ch (GH)

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Deutsche CD

Der sagenumwobene (Gott? König?) stand Pate für den Namen dieser Gruppe, die endlich wieder einen neuen Tonträger in die Welt hinausschickt.

Es geht los mit einem spöttischen Gedicht von Heinrich Heine, und dann folgt eine Mischung aus Gesangsstücken und Instrumentals, aus altbekanntem (Joni Mitchells „Both sides now“) und neuen Sachen (ein Walzer von Kathryn Tickell). Zwei besondere Highlights: Das Antikriegslied „The King’s Shilling“ und das Abschiedslied „Ade mein Lieb“. Letzteres hat es Bandmitglied Ulrich Joosten offenbar ganz besonders angetan, alte Fans werden sich erinnern, dass er es in seiner Jugend auch mit der seiner damalige Gruppe Filou aufgenommen hat. Und Wiederhören mach ja bekanntlich Freude, das hier ist ein Album, das man bestimmt immer wieder hören will. Neben dem erstklassigen Gesang von Christine Hellweg sollen wir die vielen Instrumente nennen, jede Menge Flöten, Drehleier, Laute, Harfe. Bleibt die Frage, das interessante Bild auf dem Cover: Scherenschnitt oder war hier eine geniale Fotografin am Werk? Gambrinus: … und sprachen von Liebe viel, Selbstverlag,

www.gambrinus-folk.de (GH)

Friesische CDs

Jens Emil Mungard (1885 – 1940) ist zweifellos der nordfriesische Dichter des 20. Jahrhunderts, und dennoch außerhalb seiner Heimatregion ein großer Unbekannter. Er schrieb auf Sölring, der Sprachvariante der Insel Sylt, was die Sache für ihn nicht einfacher machte. Überall im friesischen Sprachgebiet ist immer diese Einschätzung des Sölring zu hören: „Wir können alle friesischen Dialekte verstehen, nur Sölring nicht.“

Mungards Leben war nicht gerade glücklich, Katastrophen im Privatleben verfolgten ihn, und weil er sich mit der Naziherrschaft nicht abfinden mochte, wurde er zuerst in Schutzhaft genommen, dann im KZ Sachsenhausen interniert, 1940 starb er an den Folgen der dort erfahrenen Misshandlungen. Kein Wunder, dass seine Texte – zumal einer die „Schutzhaft“ (dafür gibt es kein Wort auf Sölring) beschreibt.

Die Melodien zu den Liedern stammen von Christoph Hansen, Mitglied des Trios Martje Johanssen, Kalle Johanssen und Christoph Hansen.

Die beiden Johanssens singen, Hansen steuert die Instrumentalbegleitung bei. Obwohl die Stimmung eher dunkel ist, (auch Titel wie „Di leest Rais“ – „Die letzte Reise“ und „Farewel sii“ – „Lebewohl sagen“ deuten das an), ist die CD nicht deprimierend, sie regt dazu an, sich wieder mehr mit dem Friesischen und dem Dichter Mungard zu beschäftigen, und einfach zum häufigen Wiederhören. Das reichhaltige Beiheft enthält alle Originaltexte mit singbaren hochdeutschen Übersetzungen und Informationen zu Mungards Leben und Werk

Christoph Hansen, Martje Johanssen, Kalle Johanssen: Mungard, Salzvogel Records, www.christophhansen,bandcamp.com (GH)

   
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