Irisches Buch

Im Juni 1890 traten die Kusinen und Lebenspartnerinnen Somerville & Ross eine Reise durch Connemara an, als Beförderungsmittel wird ein Eselkarren gewählt, nachdem mehrere Versuche mit Pferdewagen aller Art fehlschlugen. Der Esel will aber auch nicht immer so wie die Damen, dass auf der Reise also allerlei Unerwartetes geschieht, ist ja klar. Es folgt ein Bericht voller Abenteuer und Situationskomik über die atemberaubend wilde Landschaft Westirlands. Wir erleben die teilweise reichlich hochnäsigen englischen Touristen, und wir erfahren, was eine Dame unbedingt auf Reisen bei sich führen muss: eine zusammen faltbare Gummibadewanne zum Beispiel. Wir erleben auch die Landbevölkerung; freundliche Menschen, bettelarm, aber immer einen lustigen Spruch auf den Lippen. Das aktuelle Elend des Landes sehen die Autorinnen offenbar nicht, obwohl es sozusagen am Wegesrand liegt. Leerstehende Häuser – die Bewohner wurden vertrieben, weil sie die Pacht nicht zahlen konnten oder weil der Grundbesitzer lieber auf die rentablere Schafzucht setzen wollte. Die vielen Schafe nun wieder werden liebevoll beschrieben. Viele irische Lieder jener Zeit beschreiben den Kampf der armen Landbevölkerung, aber solche Lieder haben die Autorinnen vermutlich nie gehört, zumal in Connemara damals und heute Irisch gesprochen wird – eine Sprache, die Somerville und Ross nicht beherrschten. Immerhin erwähnen sie Musik, was dem Buch einen besonderen Reiz gibt. „Ein grauer, alter Dudelsackpfeifer“ begegnet ihnen auf der Straße (leider schreiben sie nicht, welchen Typ Sackpfeife er spielt, Uilleann Pipes eher nicht, da er ja dabei geht), das „Jaulen einer Ziehharmonika“ wird erwähnt, in Connemara damals wohl eher eine Konzertina, aber so genau nehmen sie es nicht, und ein Banjo wird von einem englischen Touristen gespielt, klar, denn Banjos waren bei der irischen Landbevölkerung damals noch total unbekannt. Wir sehen, es gibt eine Menge an Musikgeschichte zu entdecken in diesem schön gestalteten Buch.

Somerville & Ross: Durch Connemara. Mit dem Eselskarren in Irland. AvivA Verlag, 163 S., 20,--, aus dem Englischen übersetzt und mit einem Nachwort von Elvia Willems (GH)

   
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