Auch dieses Buch aus der wunderbaren Schriftenreihe von Norsk Folkeminnelag (der norwegischen Gesellschaft für Volkskunde) gibt es bisher nur auf Norwegisch, aber wir hoffen. Es hat einen romanhaften Titel: Der Volksfreund und der Meisterdieb. Der Volksfreund ist Ole Vig, ein früher Volksaufklärer, treibende Kraft hinter der norwegischen Heimvolkshochschulbewegung, pietistischer Christ und eigentlich furchtbar moralisch. Der Meisterdieb ist Ole Pedersen Høiland, eben ein Meisterdieb, der für seine Diebereien im Zuchthaus landete. Diese Institution hieß damals auf Norwegisch „Slaveri“ und wie Sklaven wurden die Gefangenen behandelt, zumal solche wie Høiland. Der nämlich wurde berühmt als Ausbrecherkönig – immer wieder entkam er der Sklaverei in Oslo, selbst, wenn er mit eisernen Ringen an die Mauer gekettet war oder in einen Käfig gesteckt wurde, damit die Reisenden ihn besichtigen konnten, ohne sich fürchten zu müssen. Bei seinem vorletzten Ausbruch legte er so ganz nebenbei einen Bankraub hin, mit dem sich für die nächsten 100 Jahre kein anderer in Norwegen messen konnte. Aber die vielen Jahre in Ketten und das anstrengende Räuberleben hatten seine Kraft zerrüttet und nach einem gescheiteren Ausbruchsversuch beging er 1848 im Alter von 52 Jahren in seiner Zelle Selbstmord.

Er war damals in ganz Europa berühmt, es gab Lieder über ihn auf Englisch, Scots und Französisch, und er wurde verherrlicht als edler Räubersmann, der von den Reichen nimmt und den Armen gibt – leider gar nicht wahr, er nahm mit Vorliebe von den Armen und behielt die Beute für sich. Es gab auch schon zu seinen Lebzeiten eine Biographie über ihn auf Schwedisch, die sich angeblich auf eine norwegische Quelle bezog, und zwar auf den Bericht des Volksfreundes Ole Vig (1824 – 1857). Die galt lange als verschollen, wurde aber aufgefunden, und Knut Hermundstad Aukrust, Professor der Kulturwissenschaft in Oslo, druckt sie in seinem Buch zur Gänze ab, weist indes auch nach, dass Vig einen älteren Bericht benutzt und mit seinen moralischen Erörterungen angereichert hat. Er stellt beide Oles vor, beschreibt, wie der Mythos des Gentleman-Ausbrechers entstand, wie er sich in Europa verbreitete und auf welche älteren Mythen und Sagen er aufbauen konnte. Und es gibt wunderbare (oder grauenhafte, z.B. von Ole Høiland im Käfig) Illustrationen. Einfach ein spannendes und lehrreiches Buch! Knut Hermundstad Aukrust: Folkevennen og Mestertyven, 250 S.,

Norsk Folkeminnelag, bei Scandinavian Academic Press, www.scandinavianacademicpress.no (GH)

   
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