Lillebjørn Nilsen kann fünfzig Jahre auf der Bühne feiern und schenkt seinen Fans zu diesem Fest ein dicke Geschenkpackung: 10 CDs, dazu eine DVD mit einen Konzert.

Damit haben wir zwar keine vollständige Lillebjørnsammlung, denn seine Kooperationen mit allerlei KollegInnen auf vielen LPs und CDs fehlen, aber wir kommen sehr weit. Seine legendären Solo-LPs sind hier auf CD gebrannt, jede hat ein paar Infos zu den Liedern und den Gästen (viel zu viele im Laufe der Jahre, um hier alle aufgezählt zu werden, fast immer ist jedenfalls der alte Weggefährte Steinar Ofsdal mit von der Partie). Die Originalcover zeigen, welchen Weg Lillebjørn gegangen ist, der ganz junge frischgebackene Liedermacher noch mit kurzen Haaren, dann der mittlere, der vom Festival des Politischen Liedes in Berlin (DDR) eingeladen und wieder ausgeladen wurde, weil er sich die langen Haare nicht abschneiden wollte, schließlich der heutige, Honecker zum Tort noch immer langhaarig und so wunderbar wie immer. Die CDs zeigen, wie ungeheuer vielseitig der Mann ist, und wie viele Instrumente er virtuos spielt: Gitarre, Banjo, Hardangergeige, Mundharmonika, Dulcimer. Und welches riesige Repertoire er hat: tradionelle Balladen aus vielen Teilen Norwegens, eigene Lieder, bei denen er eine Vielzahl von Einflüssen verarbeitet – irische, spanische, südamerikanische, Blues, Hillbilly und noch viele mehr -, Übersetzungen, Instrumentalstücke, und alles, alles ist in dieser Sammlung vertreten. In seinen eigenen Liedern greift er immer wieder aktuelle Themen auf – und er, der Sänger von Oslo, den die ganze Stadt nur mit Vornamen bezeichnet, nimmt auch seiner Stadt gegenüber kein Blatt vor den Mund. „Die Stadt mit dem großen Herzen“ nennt Oslo sich in der Tourismusreklame. Alles gelogen, singt Lillebjørn, dein Herz ist eiskalt – und er beschreibt, wie „unerwünschte“ Personen dort behandelt werden, Obdachlose, Flüchtlinge … Natürlich fehlt auch seine norwegische Version von Pete Seegers „Rainbow Race“ nicht, auf Norwegisch: „Barn av Regnbuen“ – „Kinder des Regenbogens“. Dieses Lied ist vielleicht das Wichtigste, das er je geschrieben hat. Die deutsche Presse hat zwar darüber berichtet, aber Lillebjørns Name ging dabei unter, weil er den Berichterstattern wohl nicht bekannt war. Also so war das: Als der Neonazi und Massenmörder Anders Bering Breivik in Oslo vor Gericht stand, erklärte er, dass die norwegischen Kinder schon im Kindergarten verdorben und indoktriniert würden, da sie dort „Barn av Regnbuen“ singen müssten und sich danach einbildeten, alle „Rassen“ seien gleichwertig und man solle alle in Norwegen willkommen heißen. Worauf sich 40 000 ehemalige Kindergartenkinder vor dem Gerichtshaus versammelten und dem Mörder energisch „Barn av Regnbuen“ vorsangen. Zu hören ist Lillebjørns Originalversion mit vielen anderen Meisterwerken in dieser CD-Sammlung.

Lillebjørn Nilsen: Stilleste gutt på sovesal 1, Grappa Records, www.grappa.no

   
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