Die Mandoline – das Musikinstrument des Jahres 2023

Seit 2008 kürt der Landesmusikrat Schleswig-Holstein gemeinsam mit den anderen Musikräten aus

Deutschland ein "Instrument des Jahres". Für 2023 haben sie die Mandoline auf den Schild gehoben.

Nach dieser Entscheidung sind in den Zeitungen und im Rundfunkt nun vermehrt Beiträge zur

Mandoline zu lesen bzw. zu hören. Es werden in diesem Jahr sicherlich auch mehr Konzerte

stattfinden, in denen die Mandoline als Soloinstrument zu hören sein wird. Das Thema wird also

aufgegriffen. Dabei wird allerdings fast immer nur die „klassische“ Seite der Mandoline betrachtet.

Daran ändert sich nichts, wenn in einem Nebensatz auch der Einsatz in anderen Musikrichtungen

erwähnt wird.

Unter den vielen Musikinstrumenten fristet die Mandoline aktuell ein Schattendasein. Wird die Wahl

zum Musikinstrument des Jahres 2023 daran etwas ändern? In den nächsten Abschnitten will ich

mich der Mandoline aus unterschiedlichen Perspektiven nähern. Das ist alles sehr subjektiv und nicht

unbedingt repräsentativ. Trotzdem - mal schauen, was dabei herauskommt!

Mir fällt als erstes ein Bericht im Lokalteil meiner Tageszeitung ein; das Mandolinenorchester in

einem Nachbarort wird sich auflösen. Es hat nicht mehr genug Nachwuchs, sodass die einzelnen

Stimmgruppen nicht mehr ausreichend besetzt werden können. Auftritte sind dann nicht mehr

möglich und ohne Auftritte würde das keinen Sinn mehr machen. Damit fällt eine einfache und

kostengünstige Möglichkeit, die Mandoline spielen zu erlernen, weg. Teilen die (wenigen!)

Mandolinenorchester also das gleiche Schicksal wie viele „traditionelle“ Chöre und Gesangsvereine?

Nach diesem Zeitungsartikel habe ich die Internetseiten der umliegenden Musikschulen aufgerufen.

Als Zupfinstrument kann man die Gitarre lernen. Und natürlich die Geige als Streichinstrument. Die

Mandoline, die ja auch gezupft wird und so gestimmt ist wie die Geige, findet sich aber nicht im

Angebot. Wer also die Mandoline erlernen möchte, wird bei den meist kommunalen verankerten

Musikschulen kaum auf ein entsprechendes Angebot finden. Großstädte mögen da eine Ausnahme

sein. Aber natürlich kann man auch versuchen, sich dieses Instrument selbst beibringen.

Wer sich eine Mandoline kaufen will, hat es auf den ersten Blick leicht; über das Internet kann das

recht schnell gehen. Schwieriger wird es, wenn man das Instrument vorher schon mal in der Hand

gehalten und gespielt haben will. Vor einiger Zeit war ich dazu bei den zwei größten Händlern von

Musikinstrumenten in Hannover unterwegs. Die Auswahl war äußerst klein und die Qualität der

Instrumente eher gering. Die Auswahl an Ukulelen war in beiden Geschäften um ein Vielfaches

größer. Das sagt viel aus.

Im Schwabenland gibt es eine Mandolinenwerkstatt (nur das bauchige Modell), die laut Info auf ihrer

Homepage eine Wartezeit von sechs Jahren hat. Auch in Norddeutschland gibt es die eine oder

andere Werkstatt, die neue Mandolinen herstellt (meist das flache Modell). Ob die auch Modelle

zum Anschauen und Ausprobieren haben, weiß ich nicht.

In Großbritannien ist das Angebot an Mandolinen meiner Erfahrung nach größer. Dort gibt es auch

einen Markt für gebrauchte Instrumente. Ich vermute mal, dass viele der deutschen Folk-

Mandolinisten sich zumindest ihre besseren Instrumente im Ausland besorgt haben.

Mir liegt von der LAG Folk Schleswig-Holstein deren Broschüre aus dem Jahr 2020 vor. In ihr

präsentieren sich u. a. rund 55 Einzelmusiker, Duos und Musikgruppen auf jeweils einer Seite. Die

meisten von ihnen geben auch die jeweils von ihnen eingesetzten Instrumente an. Ich habe mal

durchgezählt. Immerhin 25 Personen bzw. Gruppen führen (u. a.) nennen auch die Mandoline (die

Gruppe Liederjan seltsamer Weise nicht). Das finde ich überraschend viele. Insbesondere bei

Gitarristen scheint die Mandoline ein beliebtes „Zweitinstrument“ zu sein.

Allerdings passt das nicht so recht zu dem, was ich auf der Bühne und bei den Konzerten tatsächlich

höre und sehe. Dort tritt die Mandoline äußerst selten in Erscheinung. Es drängt sich die Vermutung

auf, dass die Musiker in der Broschüre alle ihre Instrumente aufgeführt haben, unabhängig davon wie

gut sie diese spielen oder ob sie diese auch regelmäßig einsetzen. Wenn ich bei mir zu Hause in

meine Musikecke schaue, komme ich auf mindestens fünf verschiedene Instrumente. Wie gut und

wie oft sie spiele – nun ja! Deshalb würde ich das Ergebnis meiner Zählung nicht all zu hoch

bewerten.

Kommen wir nun zu den Folkmusikern, die mir (auch) als Mandolinenspieler positiv aufgefallen sind.

Wen kann ich da nennen?

 Als erster fällt mir Erich Schmeckenbecker vom ehemaligen Duo Zupfgeigenhansel ein; die

Älteren unter uns dürften sich noch an ihn erinnern.

 Den Ostdeutschen wird sicherlich der Name Manfred Wagenbreth etwas sagen. Er war Mitglied

der Gruppen Folkländer und Folkländers Bierfiedler und stand dort mit seiner Mandoline oft

genug am Gesangsmikrofon.

 In Ost und West gleichermaßen bekannt dürfte Wolfgang Meyering sein, der zu seiner Lieder

immer auch die Mandoline spielt. Er wird im Rahmen des diesjährigen Folkfestes in Mölln an

einem „Gesprächskonzert“ zum Instrument des Jahres mitwirken.

 Dann habe ich in den letzten Jahren beim Festival zwischen den Jahren in Ostfriesland die

Bluegrass-Gruppe „The Looping Brothers“ gehört. In ihr spielt Ulli Sieker sehr beeindruckend die

Mandoline.

 Und abschließend erinnere ich mich an Reinhard Spielvogel, Mitglied der ehemaligen (?) Gruppe

Schmelztiegel. Ihn hatte ich während des Pfingstfestes auf dem Scheersberg in Schleswig-

Holstein gehört, wo er recht kompetent einige schöne Melodien zupfte.

Sind das nun viele oder wenige? Vielleicht frage ich mal anders: wie viele gute deutsche

Folkgeigerinnen und -geiger könnte ich aus dem Stand heraus aufzählen…? Auch diesen Punkt will ich

deshalb nicht all zu hoch hängen.

Ich komme nun zur Zusammenfassung, denn mehr als zwei Schreibmaschinenseiten sollen es nicht

werden. Als Instrument des Jahres 2023 bekommt die Mandoline nun eine deutlich größere

Aufmerksamkeit. Hoffen wir mal, dass die auch über dieses Jahr hinaus andauert. Wenn sich die Zahl

der Neugierigen oder gar ernsthaft Interessierten deutlich erhöhen sollte, dürften diese es nicht

leicht haben, in der näheren Umgebung ein passendes Instrument mit mindestens mittlerer Qualität

kaufen zu können. Noch ungünstiger sähe es aus, wenn sie einen qualifizierten Unterricht suchen.

Beim letztgenannten Punkt kann auch ich nicht wirklich helfen. Einen kleiner „Mini-Workshop“, mehr

kann ich an dieser Stelle nicht beisteuern. Vielleicht hilft er trotzdem dem einen oder der anderen

über so manches kleine Zupfproblem hinweg. Und ein Blick auf die folgende Internetseite kann

sicherlich auch nicht schaden: https://mandoline2023.de.

Peter Wachner, 03/2023

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